Verhandlungen mit einem Gott – Kapitel 25

»Was ich alles für meinen kleinen Bruder opfern würde…«

Verhandlungen mit einem Gott

Ort: Zimmer von Fidi, Epanas.

Fidi sah in ihrem Leben schon in viele Seelen, doch noch nie in eine wie die von Elphid. Ehrlich gesagt, war sie nervös, als Dask sie darum bat endlich in Elphids Seele zu schauen. Mittlerweile war richtige Hoffnung um ihn entstanden. ›Das Kind der Sonne‹ war mittlerweile in jedermanns Munde im Widerstand. Da half es auch nicht, dass jeden Tag mehr und mehr neue Gesichter hier auftraten. Die Rekrutierungen von Serce, gepaart mit dem musikalischen Talent von Doa und der Aussicht auf einen ›auserwählten Retter‹, brachte viele Sterbliche dazu, dem Widerstand eine Chance zu geben.
Viel stand also auf dem Spiel an dem Tag, als sie in die Seele der jungen Hoffnung blicken sollte. Fidi hatte darum gebeten das alles in ihrem Raum zu machen, denn dieser war ihr mittlerweile vertraut. Es brauchte auch nicht viel, außer Fidi, die voll aufgeladen war an Magie, einen ruhigen Raum, Konzentration und ein williges Ziel. Damals, als Vasil sie dazu zwang in die Seelen anderer zuschauen, wurde das Thema ›Freiwilligkeit‹ deutlich kleiner geschrieben. Dort war es eher wichtiger, dass sich das Ziel nicht wehren kann.
Heute saß ihr aber kein Gefangener gegenüber, oder sonst ein Opfer.
Heute saß ihr Elphid gegenüber.
»Ein wenig aufgeregt bin ich schon«, sagte Elphid leise und blickte sich im Raum um. Es war ziemlich dunkel, denn zu viel Licht lenkte Fidi ab. Also erhellten nur vereinzelte Kerzen das Zimmer in orangefarbenem Licht.
»Es gibt nichts zu befürchten. Für dich wird das wie ein kleines Nickerchen werden«, versicherte ihm Fidi, während sie es nicht schaffte, die letzte Kerze anzuzünden. Dämliches Feuer! War sie wirklich zu nervös, dass sie nicht einmal eine Kerze an bekam?
Elphid beugte sich hinüber und schnipste mit seinen Fingern eine kleine Flamme herbei um die Kerze anzuzünden. Danach lächelte er sie, so wie immer, mit seinem ›Nichts-in-den-Welten-läuft-schief Lächeln‹ an und seinen ›Alles-ist-toll Augen‹.
Wieso machte sie sich Sorgen? Es gab keine Möglichkeit, in der seine Seele nur ansatzweise verdorben sein könnte.
»Es ist eher der Druck«, gestand er und auch wenn er sein Bestes gab, bemerkte Fidi, dass sich ein wenig Unsicherheit in sein sonst so unerschütterliches Lächeln schlich. »Wenn es nach dem Widerstand ginge, würden wir das hier wahrscheinlich mit einem großen Publikum machen. Alle wären angespannt während der ganzen Nummer und mit großen Erwartungen würden sie darauf warten, ob du demonstrativ ein Daumen nach oben, oder nach unten für meine Seele geben würdest.«
»Deshalb verbringst du so wenig Zeit in Epanas, nicht wahr?« Fidi bemerkte schon lange, dass wenn Elphid überhaupt in seinem Zimmer hier in Epanas schlief, dann war er immer der Erste beim Frühstück (falls überhaupt) und sofort weg in der Ahnenwelt oder in der Zwischenwelt beim Training mit Dask. Zu ihrem Unglück merkte sich auch, dass es sie bedrückte, dass er immer so schnell floh. Der Moment gerade war eines der Längsten seit langem.
»Hier fühlt es sich so an, als ob die unendlichen Tonnen an Stein, die über uns sind, viel leichter zu tragen wären als die Hoffnungen, die der ganze Widerstand in mich setzt. Wenn ich aber mit Dask trainiere, dann denke ich nur daran, wie ich ihn endlich mal besiegen kann und nicht an das Schicksal der Welten. Selbst da draußen in der Ahnenwelt, mit Vio fühlt sich Epanas so weit weg an, dass ich dadurch lieber Bücher lese!«
»Vielleicht würde dir das Nickerchen einfach ganz gut tun. Weniger denken, mehr machen.« Fidi könnte zwar versuchen viele versichernde Worte zu finden für Elphid, aber die beste Idee war es wahrscheinlich einfach eine Antwort auf all das zu finden.
Elphid nickte und machte sich bereit. Er schloss die Augen und Fidi ebenso.
Lila Magie floss durch ihre Adern und sie begann zu leuchten.
Je mehr sie sich konzentrierte, desto klarer wurde die Seele von Elphid vor ihrem geistlichen Auge. Wie ein heller, blauer Ball, schwebte sie vor ihr. Sie griff danach und alles um sie herum verschwand.

Was sah Fidi für gewöhnlich, wenn sie in die Seele einer Person schaute?
Krieg.
Dies war auch einer der Gründe, warum Fidi solche Angst davor besaß ihre Fähigkeiten zu nutzen. Sie selbst war noch nie im Krieg, war noch nie Teil einer Schlacht, aber jedes Szenario davon, hatte sie bereits gesehen.
Es war eines der Dinge, die Sterbliche und Götter verband. Gewalt und Angst. Es schien normal, dass die Welt, die Vasil erzeugte, nur diese Dinge brachte. Viele Sterbliche waren innerlich vor Wut und diese Wut manifestierte sich in Chaos und Krieg. Daher verstand sie auch, wie leicht es war für die Götter aus den Dimensionsmagiern so ein Feindbild zu erzeugen. Jeder hasst es sich machtlos zu fühlen, doch alle Sterblichen sind genau das. In ihrem Inneren, ihrer Seele, können sie sich aber mächtiger fühlen. Die Angst, die sie manchmal äußerlich verstecken, aber oberflächlich doch existiert, manifestiert sich zu Wut und Hass im tiefsten Inneren.
Es war ein grausamer Ort, den Fidi immer vermeiden wollte, wenn möglich. Sie sah auch bereits in die Seelen von Dask und Serce, doch selbst ihre Seelen, oder vor allem ihre, waren gefüllt von so viel Lust nach Rache und Schmerz. Besonders Trauer herrschte in der Seele von Dask und in der Seele von Serce…Fidi wollte nicht darüber nachdenken.
Auch wenn sie nervös war zu Anfang, stellte sich Elphids Seele nicht als eine heraus, die so war wie die anderen. Aber was sah Fidi genau, als sie in die Seele von Elphid schaute?
Blau.
Ein Himmel, so blau und voller wilder und freier Wellen wie ein Ozean. Der Meereshimmel, erkannte Fidi und erinnerte sich zurück an den Tag, an dem Dask und sie Elphid aus Meksa gerettet haben. Elphid fing an zu erzählen von seiner Heimat, doch konnte den Himmel nicht beschreiben, weil er nicht die richtigen Worte fand.
Sie hörte sogar das leise Rauschen der Wellen über ihr. Der Rest ihrer Umgebung ähnelte perfekt den Worten, die Elphid versuchte zu finden, als er ihr all das beschreiben wollte,
Es war bemerkenswert, denn noch nie zuvor, hatte Fidi so etwas erlebt. Die Seelen der Sterblichen, selbst der Götter, waren stets sehr abstrakte Orte. Fidi fühlte dort Gewalt, Angst und Grauen. Vereinzelt sah sie Erinnerungen, Orte oder andere Personen aus den Augen des Besitzers der Seele. Schmerzen machten sich in ihrem ganzen Körper breit und nach solch einem Horrortrip wusste sie einfach, dass Dunkelheit in der Seele herrschte.
Elphids Seele war ein manifestierter Ort, der seiner Heimat glich.
Als sie durch das Dorf wanderte, beobachtete sie Kinder die spielten und Eltern, die ohne Sorgen auf einer Veranda saßen oder sich unterhielten, weil sie wussten, dass ihre Töchter und Söhne in Sicherheit waren. Sie sah Freundesgruppen, Partner und rundum zufriedene Seelen, die alle dem Leben nachgingen, dass sie leben wollten. Kein spürbarer Drang und kein Zwang. Niemand, der auf einen hinabschaute oder unterdrückte.
Fidi erlebte zum ersten Mal eine Welt, die so normal wirkte, obwohl sie ihr vollkommen fremd war. Im Widerstand kämpfte man natürlich für bessere Welten und ein System der Freiheit, doch erst jetzt bemerkte sie, dass sie nie ein Bild davon hatte, was das überhaupt bedeutete.

Elphid gähnte und streckte sich, als er aus seinem Nickerchen erwachte. Noch bevor er etwas sagen konnte, überwältigte ihn Fidi mit einer Umarmung.
»So schlimm?«, fragte er fast panisch.
»Der Himmel in deiner Heimat ist wirklich wunderschön«, sagte Fidi, ihr Gesicht im Hemd von Elphid vergraben.
»Du hast ihn gesehen?«
Fidi nickte und die beiden verblieben so. Elphid, in Gedanken an seine Heimat vertieft und Fidi, die sich sicher sein konnte, dass Vasil Elphid nicht brechen konnte. Egal, was er versuchen würde.
Irgendwann richtete sich Fidi dennoch auf. »Deine ganze Heimat habe ich gesehen. Sie war genauso, wie du sie beschrieben hast. Blaue Felder, glückliche Sterbliche und so viel Sicherheit.« In ihrem Blick lag Verlangen. Verlangen, nach dem Leben, dass Elphid gelebt hatte. Gleichzeitig aber verspürte sie auch Hoffnung, denn all das war möglich.
Elphid wiederum, auch wenn er glücklich darüber war, wie sehr sich Fidi freute, merkte sehr schnell, was all das bedeutete. »Ich muss uns alle also wirklich retten?«
Die Antwort kam Elphid blitzschnell und beinah kam sie sich dämlich vor, weil es ihr nicht früher einfiel. »Du musst gar nichts«, sagte sie. »Weißt du, was das bedeutet? Es bedeutet einfach nur, dass du eine gute Seele hast. Damit gehen aber keine Verpflichtungen ein. Niemand zwingt dich dazu, dass du irgendwen retten musst, denn niemand kann dir dein Schicksal aufzwingen. Das Einzige, worum ich dich bitte ist, dass du dir selbst erhalten bleibst. Für alle von uns, aber besonders für dich, ist genau das, am wichtigsten.«
Elphid hörte diese Worte und Fidi wusste, dass sie durchdrangen. Sein übliches Lächeln kehrte zurück und irgendwie, war sie sich sicher, dass das erste Mal seit langem, die schweren Tonnen an Erwartungen ihn nicht unterdrückten.
Fidi würde diesen Jungen beschützen und ihn aus dem Sichtfeld von Vasil verschwinden lassen, egal was es bedeutete.
Doch fürs Erste wusste sie, was auf sie zukommen würde. Auch, wenn sie liebend gerne weiter so verblieben wäre, hier mit Elphid alleine, platzt wortwörtlich das Chaos durch die Tür hinein.
»Hey ihr beiden!«, rief Chaos und schlug die erwähnte Tür auf. »Seid ihr fertig? Wir müssen bald aufbrechen!«
»Verdammt, stimmt!«, sagte Elphid und sprang auf. »Ich habe noch gar nichts gepackt.« Schnell rannte er aus dem Zimmer hinaus und Chaos rief noch hinterher: »Vergiss die Maske nicht!«
»Danke für die Erinnerung«, klang Elphids Stimme noch leise aus dem Gang, gefolgt von einem leisen Klonk und einem weiteren »Alles gut!«
Fidi schüttelte den Kopf und verdrehte die Augen, doch konnte nicht aufhören zu Grinsen.
»Jetzt muss wirklich ich auf euch beiden Turteltauben aufpassen, weil Dask das nicht mehr will?«, fragte Chaos.
»Hier gibt es keine Turteltauben und Dask scheint wichtiges vorzuhaben. Es ist ja auch nur eine simple Mission. Kurz nach Drakos, ein Dorf und ihre Zustimmung sichern und vielleicht ein oder zwei neue Rekruten finden. ›Standardprozedur‹ meinte Serce.«
»Wenn ich den kleinen nicht so mögen würde, hätte ich mich deutlich mehr quer gestellt«
»Du bist nicht einmal drei Jahre älter als wir.«
»Mit den Geistern altert man schneller, nicht wahr, Nycholas?«
Fidi roch den Geruch von Rauch. Sie verzog die Nase, vielleicht würde Chaos darauf reagieren.
»Hast du einen losgelassen oder warum so die Grimasse?«, fragte Chaos.
»Nein, nein, alles gut«, versicherte Fidi, doch sie befürchtete, was auf sie zukam. »Könntest du mich noch alleine lassen? Ich komme gleich zu euch, dann brechen wir auf.«
Chaos warf die Hände in die Luft und signalisierte so, dass es ihr recht war. Sie schloss die Tür und Fidi bereitete sich auf ihr Schicksal vor.

Der Thronsaal des unendlichen Herrschers brachte Fidis Haut erneut zum brennen. Der glühende Stein, aus dem dieses Monument der Welten erbaut wurde, wirkte jedes Mal lebendig auf sie, durch die tiefen Risse im Stein, aus denen glutrote, flackernde Flammen hervor züngelten. Die Hitze war unerträglich und ein Schlag ins Gesicht im Vergleich zu der kühlen Luft in Epanas. Fidi war gar nicht klar, wie sie all das so lebendig spüren konnte, obwohl sie physisch nicht wirklich hier war.
Fidi kniete erneut, zitternd, auf dem schwarzen Marmor, der unter ihren Knien und nackten Füßen eher wie heiße Kohlen wirkten. Egal, wie sehr sie davon rannte, hier war sie wieder die kleine Fidi, Besitztum von Vasil. Ihre Hände bebten. Alle Narben an ihrem Körper, die sie sonst so gut versteckte, fingen hier wieder an zu brennen. Wie oft wurde sie damals in diese Höhle des grausamen Drachen geworfen, nur um benutzt zu werden? Hinter jeder Säule, in jeder Ecke hallten ihre, und die Schmerzen vieler anderer wieder und auch wenn sie es verneinen wollte, war ihr dieser Raum vertraut. Viel zu vertraut…
Genau wegen dieser Vertrautheit, fiel ihr der Unterschied, so schmal er auch war, direkt auf.
Am Ende des Raumes, auf seinem Thron aus schwarzem Obsidian, geformt in die Köpfe unzähliger Drachen, die alle nur auf ihn schauten, saß der unendliche Herrscher, der über sie herrscht, seitdem sie denken konnte. Immer war sein Gesicht im Dunklen verdeckt, doch seinen rot funkelnden Augen starrten sie nieder. Wofür brauchte er auch Gesicht zeigen, wenn seine große, goldene Krone über ihm schwebte? Sie sagte doch alles, was nötig war.
Sein Blick aber traf Fidi heute stärker als sonst. Vasil besaß eine grundlegende Ausstrahlung, eine Art Aura, die jeden normalen Sterblichen in die Knie zwang und alle anderen zumindest in einen tiefen Respekt zwang. Heute aber war es mehr als das. Es schien beinah so, als ob er versuchte etwas gleichzustellen. Etwas war passiert, was ihm nicht passte.
Er bemerkt unsere Fortschritte, erkannte Fidi. Die Rekrutierungen, unseren Draht in der Ahnenwelt, den er nicht unterdrücken konnte und das Notenbuch, das Serce und Doa errungen haben. Wir erzielen Erfolge und es lässt ihn nicht unberührt.
»Selbst in dieser Lage, mit deiner arroganten und naiven Art, besitzt du nicht die Fähigkeit, das Gespräch zu beginnen«, sagte Vasil, gefasst, aber Fidi schwor, er spürte einen kleinen Funken an Unsicherheit.
»Du hast Angst«, spuckte Fidi raus. »Du bekommst ihn nicht in die Finger.«
»Oh, bilde dir mal nichts ein! Eure ›Erfolge‹, wie du sie betiteln willst, sind von keiner Bedeutung. Sammelt euch Artefakte und Armeen zusammen, sie sind allesamt unwichtig. Alles, was ihr damit am Ende erreicht, ist eine weitere Schlacht, in der Hunderte, vielleicht auch Tausende ihr Leben verlieren. Glaubst du mir liegt etwas daran, an den Herzen unwichtiger Sterblicher? Ohne euch wären die Welten sowieso besser dran, aber ich bin so gnädig und lasse euch leben und toleriere euren Widerstand!«
»Wenn es doch alles so unwichtig ist, warum bist du so besessen darauf, dass ich dir Elphid gebe?«
Stille. Jetzt dein Zug, dachte Fidi. Falls Vasil Recht hatte und alles andere, was sie beim Widerstand taten irrelevant war, dann gab es zumindest noch Elphid. Vor ihm schien Vasil wirklich Angst zu haben, daher wird er sie nie in Ruhe lassen, außer sie tut, was er will.
Oder tut etwas, was Vasil denkt, dass er will.
»Seine Existenz mag mich an eine alte Feindin erinnern, was ich nicht gutheiße. Ihr Sterblichen seid Chaos und ab und zu muss man Chaos stutzen. So wie ich alle paar Jahrzehnte den Widerstand vernichten muss, muss ab und zu auch eine Einzelperson verschwinden, bevor es zu noch mehr ungewolltem Chaos führt. Wenn du es begreifen könntest, was ich tue, würdest du dich nicht so bockig hier hinstellen und diskutieren!«
»Was, wenn er nicht das ist, was du denkst?«
»Verkauf mich nicht für dumm, Mädchen. Mittlerweile musst du, auch wenn du deine Fähigkeiten verabscheust, in seine Seele geschaut haben. Du weißt, dass er rein ist und Hoffnung in sich trägt. Alles, wozu ich dich auffordere, ist ihn so zu machen wie euch anderen auch. Dieser Funke an Hoffnung muss erstickt werden.«
Das ist was anderes…, erkannte Fidi. Beim ersten Mal sagte Vasil noch, dass er Elphid bräuchte. Vielleicht wollte er ihn gefangen nehmen oder einfach töten. Möglicherweise waren aber auch seine Kräfte von Interesse, weshalb Elphid ursprünglich eine Wache werden sollte. Dieses Mal ging es aber darum, ihn so zu machen, wie alle anderen. Die Chance war klein, aber Vasil könnte sich damit zufriedengeben, wenn Elphid nur ein normaler Teil des Widerstands wäre, nur ohne die ganze Hoffnung in ihm.
Aber so schnell dieser Gedanke Hoffnung in ihr aufstiegen ließ, so schnell wurde ihr auch unsagbar übel bei dem Gedanken. Worüber dachte sie hier nach? Elphid die Hoffnung zu nehmen? Nur ein Monster wie Vasil wollte so etwas!
Aber wenn es ihm das Leben rettet? War das wirklich ein Preis, den Fidi eingehen konnte. War das ein Preis, den Fidi überhaupt bezahlen durfte? Musste solch eine Entscheidung nicht Elphid selbst treffen!
Aber dann blieb Elphid sicher!
Dann blieb ich vielleicht sicher…
Sie würde Elphid damit retten, sicherlich!
»Wofür brauchst du ihn dann?«, fragte Fidi schließlich.
Vasil schaute sie fragend, doch auch irgendwie verblüfft an. »Du hast eine Idee ausgebrütet, kleine Seelenschauerin. Trau dich. Schlag mir ein Geschäft vor.«
Vasil beugte sich hervor und sein Gesicht trat aus dem Schatten heraus. Vasil war jung geblieben, für die Zeit die er herrschte, doch besaß ein markantes, starkes Gesicht. Er war glatt rasiert und schien stark auf sein Aussehen zu achten, dafür, dass man ihn kaum sah. Seine Miene wiederum war finster, sadistisch und sein Lächeln symbolisierte Macht.
»Verhandel mit deinem Gott!«
Fidi schluckte nervös aus, doch es gab kein zurück mehr. »Du willst, dass er Funke der Hoffnung erlöscht, richtig? Dafür brauche ich ihn dir doch gar nicht aushändigen. « Ich muss ihn beschützen. »Wenn es dir reicht, dass er so wird wie wir beim Widerstand, dann lass mich das machen. Lass mich seinen Funken löschen.«
Vasil brüllte vor Lachen los, doch Fidi verstand noch nicht wieso.
»Das ist alles, was du willst? Eine Chance, den Jungen selbst zu zerstören? Warum? Damit ich ihn nicht in die Finger bekomme? Wenn du es unbedingt willst, dann mach ruhig meine Drecksarbeit! Nur musst du verstehen, dass es für dich danach kein zurück mehr gibt! Sie werden dich hassen, verachten und als Verräterin abstempeln! Dein einziger Weg wird, wie immer, wieder zu mir führen! Bist du bereit diesen Preis zu bezahlen, nur für diesen Jungen?«
Ein falscher Mut übernahm Fidi und zum ersten Mal in ihrem Leben stand sie aufrecht und selbstbewusst vor Vasil. »Für ihn bezahle ich jeden Preis!«
Vasil lachte erneut. »Dann soll es so sein, kleines Mädchen. Geh mit Mut, aber geh und vollbringe das, was du versprechen hast zu tun!«
Der Thronsaal verschwand und zuallerletzt verschwand auch Vasil.
Als Fidi schweißgebadet in ihrem Zimmer aufwachte, schlag sie die Erkenntnis wie ein Blitz. Wie konnte sie es nicht bemerkt haben? War Vasils Präsenz so bedrohend, dass sie ihren eigenen Grundsatz vergaß?
Du wirst sein Licht erlöschen. All seine Hoffnung wirst du alleine zerstören, da bin ich mir sicher, erinnerte sich Fidi endlich an die Worte von Vasil.
Sie hatte ihm gegeben, was er wollte. Ein Versprechen, das Licht von Elphid zu löschen.
Aber es gab keinen besseren Ausweg, oder? Ansonsten würde Elphid sein Leben lang nur gejagt werden.
Nichts hätte Fidi darauf vorbereiten können, doch sie wurde geschlagen. Sie wollte mit einem Gott verhandeln und schien alles verloren zu haben.

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