Das Klavier in der Winternacht – Kurzgeschichte
Vorwort
Wie kann man dem Leser, bei dem man sich nicht mal sicher ist, ob er existiert, einen interessanten Einstieg in solch eine Geschichte bringen, wenn die traurige Existenz in dieser Weihnachtsgeschichte nicht mal selbst weiß, ob er existiert? Was kann ich tun, damit der Leser, welcher sich nun nur an einer fröhlichen Weihnachtsgeschichte erfreuen will, nicht alt zu enttäuscht ist, wenn sich diese nur an den fröhlichen Werten der Weihnachtszeit vergreift, sie nutzt, und danach umwirft? Jemandem eine glückliche Geschichte bescheren ist durchaus schwierig, wenn man sich solch einer verschließt und den Mythos eines glücklichen Abschlusses des Jahres und dem magischen Neuanfang durch das Ändern der Jahreszahl verabscheut. Doch vielleicht, aber nur vielleicht, wirkt sich diese traurige Geschichte positiv auf dein Empfinden für das Weihnachtsfest aus.
Der Weihnachtsmarkt
Ich bin da. Sie wird langsamer. Ich stehe auf und lege meine Kopfhörer ab, die während der Fahrt mir so traurige, dennoch verständnisvolle Musik in die Ohrkanäle gesungen hat. Die Tür der Straßenbahn schließt sich hinter mir mit einem bedrohlichen Piepen nur eine Millisekunde nachdem ich den Abgrund von Bahn und Haltestelle überquert habe. Der Lärm beginnt. Die Menschen gehen an mir vorbei, reden, lachen, staunen, doch drängeln sich nur so an mir vorbei. Sie stoßen mit ihren Ellenbogen gegen mich, pressen mich damit aus dem Weg. Sie reden, lachen, staunen und gehen an mir vorbei und nehmen nicht mal eine Notiz von dessen, was sie gerade zur Seite gestoßen haben. Bei dem nächsten Fußgängerübergang bleibe ich stehen und warte nur darauf, bis ein Auto für mich stehen bleibt, damit ich sicher den Asphalt überqueren kann, ohne von der nächsten Frontschürze erfasst zu werden, auf der Windschutzscheibe zu landen und wie eine Fliege von einem Scheibenwischer entfernt zu werden. Möglicherweise wird auch Gebrauch von Scheibenwischwasser gemacht, falls es zu klebrig ist. Da sich aber von den Dutzenden Autos keines sich dazu bereit erklärt für mich 5 Sekunden zu halten, warte ich bis sich kein Auto nähert, dann überquere ich die kalte und nasse Straße. Auf der anderen Seite erwartet mich ein großes, leuchtendes, mit Gewächs und Kerzen versehenes Schild mit der Aufschrift „Fröhliche Weihnachten“. Durch die ganze Stadt ziehen sich Kerzen, Lichter, Weihnachtsmänner, Rentiere, und schimmernde Buden welche einem die verschiedensten Köstlichkeiten, Getränke, Düfte und Geschenke anbieten. Die Menschen lachen und erfreuen sich an dieses Festtagen, bei denen ihn nur die Freude des Lebens in das Gesicht gestrahlt wird. Ihnen gelingt es, die tödlichste, gefährlichste und in jeder Hinsicht kälteste Jahreszeit in ein Fest voller Freude, Hoffnung und des Gebens zu entwickeln. Dieser Jahreszeit gelingt es auch den traurigsten Gestalten einen Ausblick auf eine bessere Zukunft zu geben. Wenn eine so grausame Zeit, welche die Natur einem jedes Jahr vorsetzt, so geliebt werden kann von den Menschen, dann kann es doch nicht so schwer sein auch selbst geliebt zu werden, oder? Genau aus diesen Gründen bin ich hier und nicht in meiner traurigen Wohnung. Vielleicht denkst du dir, geehrter Leser, dass dies ein sehr trauriger Grund ist. Ja, du darfst mich gerne dafür verurteilen. Doch, wenn du mich hierfür schon verurteilst, wird dies noch ein lustiger Ritt.
Nachdem ich nun noch die Wohnung gefunden habe, in welcher diese ach so tolle Weihnachtsfeier, mit all den Adjektiven, welche ich bereits genutzt habe, um die Festtage zu beschreiben, betrete ich den nächsten Raum voller Menschen, die mir genauso viel Aufmerksamkeit schenken wie die Menschen in den Straßen. Sie reden, lachen, staunen und bemerken gar nicht, dass eine weitere Person die Wohnung betreten hat. Der Boden knirscht stark beim Betreten der Wohnung, wahrscheinlich ist der Boden einfach nur ein wenig kaputt. Weihnachtliche Musik wird von Boxen in die Ohrkanäle der Besucher gesungen. Sie ist fröhlich, doch gar nicht mehr verständnisvoll. Ich suche die Küche auf, suche mir selbst ein Getränk. Ich gehe mal davon aus, dass jeder sich selbst bedienen muss, doch die Wahrscheinlichkeit, dass nur ich dies tun muss, ist nicht gering. Danach stelle ich mich in irgendeine Ecke und beobachte das Geschehen. So viele Freunde unter sich. So viele Paare unter sich. Mit einem Blick auf die Uhr bemerke ich, dass ich seit 15 Minuten hier bin und mich noch niemand wahrgenommen hat. Ich blicke durch das Fenster auf den Weihnachtsmarkt, auf welchem ich noch vor 15 Minuten lang gelaufen bin, voller Hoffnung, dass diese Feier endlich mal etwas anderes wäre. Nicht nur ein paar weitere traurige Stunden, in denen ich kein Wort sage, nicht bemerkt werde und einfach wieder gehe. Warum hoffe ich eigentlich noch? Sagt man nicht, ‚wenn man nichts erwartet, kann man nicht enttäuscht werden?‘ Vielleicht sollte ich mich an dieses Lebensmotto eher richten.
Sie
Nach langem Starren aus dem Fenster sehe ich eine Gestalt auf mich zukommen. Genau kann ich diese nicht erkennen. Kommt sie hierher, um aus dem Fenster zu schauen? Biegt sie vielleicht auch ein Meter vor mir wieder ab, um eigentlich zu ihren Freunden zu gehen? Oder ist sie vielleicht genauso verloren wie ich, erkennt meine Einsamkeit, nimmt meine Existenz wahr und will tatsächlich zu mir? Nein, ich denke, das ist unwahrscheinlich. Vielleicht magst du mich als Pessimisten benennen. Jemand, der immer sagt, dass das Glas halb leer ist. Und ja, damit würdest du nicht falsch liegen. Die Hoffnung, die ich hatte, als ich hier hingekommen bin, war die einzige Hoffnung, die ich dieses Jahr hatte. Ich schiebe diesen Ausrutscher auf die Weihnachtszeit. Vielleicht löst sie ja tatsächlich das kleinste bisschen an Optimismus in mir aus. Doch ich schweife ab, denn aktuell kommt noch irgendeine Gestalt scheinbar auf mich zu. Ich drehe mich um, blicke in die Augen meines Gegenübers und…erstaune nicht.
Lieber Leser, vielleicht hattest du nun gehofft, dass die doch so klischeehafte Überraschung kommt, dass ich mich umdrehe, erstaune und mich auf den ersten Blick verliebe, weil vor mir plötzlich eine wunderschöne Frau steht. Vielleicht stieg die Hoffnung in dir, dass all das hier jetzt doch eine fröhliche und schöne Wendung nimmt. Dass der arme Tropfen ohne Hoffnung nun von der Liebe erschlagen wird. Doch diese Fehler habe ich schon begangen. Mich Hals über Kopf in eine bildhübsche Frau verlieben, welche mir aber nie im Leben irgendwelche Aufmerksamkeit, Liebe oder Freude geben würde. Es tut mir leid, dies ist nicht so eine Liebesgeschichte, welche dir die Illusion von Liebe auf den ersten Blick verkaufen will.
Bei der Gestalt handelte es sich um eine junge Frau mit schulterlangen braunen Haaren. Sie war nicht sonderlich edel gekleidet, sondern simpler und trug eine Brille. Sie kam auf mich zu, mit einem Weinglas in der Hand. „Entschuldige mich, aber du starrst seit 20 Minuten nur aus dem Fenster und wirkst bisschen verloren hier“, sagte sie ziemlich stumpf, fast schon kalt. Ein paar Sekunden starre ich nur. Ich muss aussehen wie der größte Idiot und jede Sekunde, die ich einfach nur starre, muss sie es um so mehr bereuen, dass sie den merkwürdigen Typen in der Ecke angesprochen habe, bis ich endlich wieder die Fähigkeit finde, Wörter aus meinem Mund zu lassen. „Verloren, ja, das trifft es ziemlich gut. Verzeih mir für meine Stille, reden ist oft nicht so mein Ding.“ Dies war dennoch die reinste Lüge. Reden tue ich den ganzen Tag, nur nicht mit anderen Personen, doch sowas muss sie ja nicht wissen. Der merkwürdige Mann in der Ecke wirkt wahrscheinlich schon verstörend genug auf sie, das muss ich ja nicht vertiefen. „Du kannst gerne wieder zu deinen Freunden gehen, mir geht es gut, aber danke der Nachfrage“. Voller Erwartung, dass sie dies nun abnickt, weggeht und mich maximal für die nächsten 2 Tage als den Typen in der Ecke in ihrem Gedächtnis behält, antwortet sie gegen jede Erwartung „Verloren fühle ich mich hier ebenso. Ich kenn’ kaum jemanden. Ich wurde von einer Freundin eingeladen, doch die kennt hier so viele, da fühle ich mich ein wenig unwohl“. Sie änderte ihren Ton nicht, genauso kalt und gefühllos wie vorher. Während ich mich fragte, wie jemand so neutral klingen kann, wunderte ich mich danach zusätzlich wohin das jetzt gehen soll? Ich hatte keine Ahnung, wie ich jetzt antworten sollte. Was ist ihre Intention? Ist sie tatsächlich hier, weil sie mit mir reden möchte? Mit dem Typen in der Ecke, welcher 20 Minuten aus einem Fenster starrt und zusätzlich gefühlt 10x länger braucht, um ihr zu antworten.
Was darauf folgte, lieber Leser, ich kann es mir immer noch nicht erklären, doch es beschreibt perfekt ihre Kälte und Gefühllosigkeit, die sie ausdrückt, doch auch gleichzeitig das Mysteriöse, was sie verkörpert. Sie ist die merkwürdigste, doch zugleich die bemerkenswerteste Frau, die ich je gesehen habe. Denn ihre Kälte, Gefühllosigkeit und mysteriöse Art gipfeln darin, dass ich nicht mehr von ihr loskomme. Mit ihren zwei Sätzen und der folgenden Aktion hat sie mich süchtig gemacht, wie eine Droge, welche aber keinerlei positiven Effekt auf mich hat. Sie griff nach meinem Getränk, trank dieses bis zum letzten Tropfen aus und verschwand. Sie ging zu der Tür ein paar Meter rechts von mir, drehte sich um und winkte mich rüber. Ich konnte nicht anders, als ihr zu folgen. Warum? Ich weiß es auch nicht, Leser. Ist dieses kleine Stück Aufmerksamkeit, welches ich von ihr bekomme, genug? Oder ist es ihre Art, welche mich aus mir einfach nicht erklärlichen Gründen zu ihr hinzog. So ging ich also durch den Raum auf den Weg zu der Tür. Sie hat bereits dessen Türschwelle schon überschritten. Durch die Menschenmasse in dem Raum kämpfte ich mich durch als würde ich mich durch den tiefsten und dichtesten Jungle kämpfen. Sie reden, lachen und staunen und keiner achtet auf den Freak, der durch den Raum will, um einer eigenartigen Frau zu folgen. Als ich bei der Tür ankam, betrat ich das Zimmer, welches sich hinter dieser verbirgt. Ich wusste nicht, was mich genau erwarten würde. Was ich aber wusste ist, wenn ich diese Tür nun öffnen würde und zu ihr gehen würde, dann wäre ich ihr völlig verfallen. Es gäbe kein Zurück mehr.
Das Klavier
Ich öffne die Tür, bewege mich in den geheimnisvollen Raum und erblicke ein wunderschön ruhigen Ort. Er ist leer, keine Menschenseele ist zu sehen, bis auf Sie. An den Seiten stehen Bücherregale mit mehr Büchern als irgendwer lesen kann. In der Ecke steht eine wunderschöne ältere Lampe, welche den Raum mit warmem Licht erfüllt. An den Wänden sind verschiedenste Ölmalereien zu sehen, welche dem Raum weitere Klassik verleihen. Und in der Mitte sitzt sie an einem alten Klavier.
Sie begann ihre Finger über das Klavier zu bewegen und drückte die genau passenden Tasten immer sanft runter, um eine wundervolle, traurige, aber wieder verständnisvolle Musik zu produzieren. Ihr Blick hat das Klavier nie verlassen, seitdem ich diese Welt hier betreten habe. Eigentlich würde ich mich wundern, ob sie mich hier überhaupt haben will, denn sie scheint keine Anzeichen zu machen, dass das tatsächlich der Fall ist, doch ihre Aura verrät sie. Sie will mich hier in diesem Raum haben. Sie schätzt meine Anwesenheit. Es beruhigt sie. Jede Note, die sie spielt, spiegelt ihre Gefühle wider. Langsam aber sicher bewege ich meine unsicheren Beine zum Klavier. Sie hat sich nur zur Hälfte auf den Klavierstuhl gesetzt, was ich so deute, dass sie möchte, dass ich mich neben sie setze. Sobald ich mich neben sie gesetzt habe, kann ich sehen, wie ihre Finger anfangen eine andere Melodie zu spielen. Etwas Fröhliches, und trotzdem verständlich. Doch weiterhin hat sie mich nicht einmal angeschaut. Oberflächlich ist sie abweisend, kalt und neutral. Innerlich vermittelt sie mir Zuneigung, Wohlsein und Geborgenheit. Eine gefühlte Ewigkeit höre ich ihr beim Spielen zu und genieße das Gefühl, welches sie mir gibt. Das ist alles, was ich jemals wollte. Sie hört doch nun auf zu spielen und ihre Augen treffen endlich meine. Es ist ein nervenaufreibendes Gefühl, was mich durchströmt. Ich habe mich noch nie so hingezogen gefühlt zu einer Person. Dieses Gefühl, es ist neu. Es ist außergewöhnlich und meine komplette bisher taube Gefühlswelt wird gerade aufgemischt. Ich spüre, wie ich süchtig danach werde. Sie nähert sich immer und immer weiter und ich mag mich daran erinnern, dies schonmal in einer Sitcom gesehen zu haben. Dort wurde mir versprochen, dass das Gefühl vor dem Kuss das Beste am Kuss selber ist. Der Trommelwirbel, ja, so wurde es genannt.
Der Trommelwirbel, das muss es sein, was gerade meinen ganzen Körper zum Zittern bringt. Doch es bleibt bei dem Trommelwirbel. Dieser wird wieder leiser und leiser, bis ich nur noch dort sitze und sie wieder geht. Sie steht auf und ich sitze auf einem halben Klavierstuhl.
Das Fenster
Und so passiert es schon wieder. Und mal wieder kann ich es nicht verstehen, lieber Leser. Sie geht ohne ein Wort zu der Tür, greift nach dem Türknauf, dreht und öffnet diese. Ohne zurückzuschauen, verlässt sie dieses klassische Zimmer, welches aus dem 19. Jahrhundert geklaut wurde und geht in die bisher für mich noch sehr traurige Welt des 21. Jahrhunderts. Doch wer weiß, lieber Leser, vielleicht wird die Nacht doch noch ein schöner Weihnachtstag, nun wo sie hier ist. Ja, es klingt verwirrend, ich weiß, doch mich durchströmt Weihnachtsstimmung, Hoffnung und fast schon Glück.
Ich folge ihr und ihren Bewegungen und betrete den Raum des 21. Jahrhunderts. Einiges hat sich verändert, denn jetzt ist dieser leer. Wie lange waren wir dort? Wie lang saßen wir am Klavier? Wie lang habe ich diese so mysteriöse, kalte und doch so faszinierte Frau betrachtet? Wie lange ging der Trommelwirbel, nach welchem ich inzwischen schon so süchtig geworden bin? Diese Frau, welche nun an dem Fenster stehen würde, durch welches ich vor Gott weiß, wie langer Zeit gestarrt habe und gewünscht habe nie hier zu sein. Dort, wo sie mich angesprochen hat. Ja ich weiß, das mag alles erst kürzlich passiert sein, doch verzeih mir meinen Hang zur Übertreibung lieber Leser. Sie dreht sich zu mir und winkt mich wieder zu ihr. Sie winkt mich genauso zu ihr wie sie mich zu ihr gewunken hat in das magische Zimmer.
„Schau mal dort“, beginnt sie, „All diese Menschen. Sie reden, lachen und staunen und genießen diese tolle Nacht. Und obwohl ich mich sehr verloren gefühlt habe zum Anfang, bin ich froh dich getroffen zu haben“. Diese Worte. Diese Worte, lieber Leser, haben mich in genau diesem Moment so unsagbar glücklich gemacht. Ich glaube, diesmal ohne zu übertreiben, nichts hätte mich glücklicher machen können. Auch wenn alle anderen gesagt hätten, wie kalt und neutral sie diese wunderschönen Worte ausspricht, mir ist das egal. Diese Kälte, diese mysteriöse Art, welche sie ausstrahlt, genau das ist es, was ich mag. Genau das ist es, was ich hören will. Nenn mich verrückt, doch du kannst doch nicht verneinen, dass mein Denken über sie nicht wunderbar ist, oder? Lieber Leser?
Dann passierte es. Die drei Worte, bei denen ich bis zu genau diesem Zeitpunkt bereue, sie jemals befolgt zu haben. „Schließ deine Augen“. Ich verstand es dann auch nicht. Wollte sie nun den Trommelwirbel zu seinem ersehnten Abschluss bringen? Warum soll ich bitte meine Augen schließen? Ich konnte doch den Weihnachtsmarkt durch das Fenster begutachten, welcher plötzlich wunderschön wirkte. Nein, was labere ich bitte? Ich konnte sie bestaunen! Warum zur verdammten Hölle sollte ich meine Augen schließen? Warum zur verdammten Hölle habe ich die drei Worte auch noch befolgt! Nur aus Hoffnung, den Trommelwirbel zu wiederholen? Bin ich so schnell abhängig von diesem geworden, dass ich sowas Dummes sofort befolgen würde?
Doch ich tat es. Tatsächlich, lieber Leser, ich tat es. „Öffne sie in 10 Sekunden wieder“, ergänzt sie. Und so beginnt der Countdown, den ich für den Rest meines Lebens bereuen werde.
1…2…3…4…5…6…7…8…9…10…
So öffne ich meine naiven, idiotischen, dummen, dümmeren und dümmsten Augen. Und ohne mich umzudrehen, erkenne ich es. Als wieder Licht in meine Augen trat, erblicke ich die Tragödie durch die Spiegelung des Fensters. Sie war weg.
Spurlos, geräuschlos, sinnlos. Ja, sinnlos ist das Wort, was es grade alles beschreibt.
Lieber Leser, ich bin ehrlich mit dir. Hunderte, tausende, nein, Millionen Worte könnte ich schreiben, wie unfassbar scheiße ich mich in dem Moment gefühlt habe, und jetzt auch fühle, doch es würde nicht daran kommen, wie unsagbar scheiße ich mich tatsächlich fühle.
Wie? Wie hatte ich gehofft, dass mir dieses Fest tatsächlich versüßt werden würde? Wie konnte ich hoffen, dass auch nur ein Lebewesen auf dieser elendigen Welt mich jemals so interessant finden könnte, dass sie länger als eine Nacht mit mir verbringen würde? Wie konnte ich so blind sein? Wie konnte ich mich von nur ein wenig Aufmerksamkeit blenden lassen? Noch am Anfang sagte ich dir, dass dies keine dumme Liebesgeschichte sein würde. Nein, war es auch nicht. Es war ein tragisches Erlebnis für eine traurige Seele an diesem doch immer ach so tollen Feiertag, zumindest sagt das immer jede.
War sie überhaupt real? Konnte so ein tolles Wesen überhaupt real sein? Starrte ich nicht doch seit Stunden einfach nur durch dieses Fenster und bildete es mir alles ein? Versuchte ich mir in meinem kranken Kopf diesen Weihnachtstag schön zu denken? Und wenn sie nicht mal real war, wer auf dieser verdammten Welt bestätigt mir meine Existenz? Bin ich selbst nur ein Streich meiner Gedanken, genauso wie sie?
Du. Du, so geehrter Leser, du kannst mir meine Existenz bestätigen. Doch ich weiß, solange du dies hier liest, existiere ich zumindest in deinem Kopf, genauso wie sie existiert hat.
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