Das Klavier und eine weitere Winternacht – Erzählung

Das Klavier und eine weitere Winternacht – Erzählung

Auch nach zwei Jahren war die Erinnerung an das Klavier alles, was ich besitze. Ich kann mich nicht festlegen, ob diese Nacht wirklich passiert ist. Warst du damals real, oder nur eine Wunschvorstellung? Wie kann es dazu kommen, dass ich nun wieder existiere, nach all der Zeit? Wurde ich nicht vergessen, damals, als du meine Geschichte beendet hast? Vielleicht lebte ich noch einige Momente danach weiter, doch schon nach ein paar Minuten musste ich für immer verschwunden sein aus deinen Gedanken. Sie, diese mysteriöse Gestalt, mit der ich diese wundersame, und doch so schmerzhafte Nacht verbracht habe, ist seitdem nicht verschwunden aus meinem Herzen. Ich bedeute ihr wiederum nichts mehr, falls ich das jemals getan habe. Wie auch, wenn nicht einmal weiß, ob sie jemals echt war.
Sie geistert wieder in meinen Gedanken in diesem Winter, zu dieser Weihnachtszeit. Nie wieder kann ich einen Weihnachtsmarkt betreten, ohne an diese Nacht zu denken. Es ist mir nicht mehr möglich in jedem bunten Licht, jedem Weihnachtsbaum, ihr Gesicht zu sehen. Keine Feier mehr bei Freunden ist vergangen, an der ich mir nicht gewünscht habe, dass sie wieder auftaucht. Leider war sie weg, für immer.
Der Schnee ist eine billige Entschuldigung für mein Herz geworden zu dieser Jahreszeit. Die Geschenke, ein trauriger Trost. Wie kann ein einziger Mensch solch ein Loch in einem hinterlassen? Jeder Tag ohne ein Anzeichen an dieses ach so tolle Fest der Freude ist ein besser Tag als der Vorherige. Wie weit ist es gekommen, dass ich den Regen dem Schnee vorziehe? Ein dunkler Raum ist besser als ein bunt erleuchteter. Fertiggerichte eine Leibspeise im Gegensatz zu einem großen, selbstgemachtem Weihnachtsessen.
So verbringe ich dieses Fest des Gebens, der Familie, der Freude: in einem dunklen Zimmer, einem Fertiggericht aus der Mikrowelle und den verschiedensten Filmen, die so weit weg von Weihnachten sein können wie möglich.
Mag es ein trauriges Schicksal sein? Möglicherweise. Das ist es aber, was das Klavier in der Winternacht mit mir getan hat. Das ist es, was sie mit mir getan hat. Das ist es, was ich mir selbst angetan habe. Doch es ist letztendlich nur ein Tag im Jahr, richtig?
Außerdem, sobald du diese Geschichte geschlossen hast, verschwinde ich sowieso wieder in die ewigen Abgründe einer vergessenen Weihnachtsgeschichte…

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